Haushaltsrede zum Doppelwummsetat 2023/2024 für die Stadt Bochum
Sehr geehrter Herr Oberbürger… ähm… meister aka Mayor of Peace, liebe KollegX, verehrte ZuschauX daheim an den Endgeräten und hier im Saal, insbesondere sehr geehrte kleine Frau und sehr geehrter kleiner Mann von der Straße und ganz besonders: Sehr geehrte pfandsammelnde Omma und liebe arme Kinder und Klimaklebende! Ihr doofen ReichsbürgX übrigens nicht!
Dreikommavier Milliarden Euro schwer ist der Doppelwummshaushalt der Stadt Bochum für die nächsten beiden Jahre, Einskommaeins Milliarden Euro Schulden drücken dabei nicht nur aufs Gemüt, sondern dafür muss unsere Omma ganz schön lange stricken oder ordentlich Pfand sammeln.
Der aktuelle Haushalt zeigt uns also deutlich, wo wir stehen, das müssen wir ungeschönt und in aller Ehrlichkeit aussprechen: Wir stehen – finanziell gesprochen – am tiefen Abgrund. Im Grunde befinden wir uns bereits im freien Fall. Schon lange steht uns da das Wasser bis zum Hals, und das, obwohl wir als Kommune, ebenso wie viele andere Kommunen, ganz schön auf dem Trockenen sitzen. Viele Kommunen, gerade im Ruhrgebiet, sitzen da gemeinsam in einem Boot, und drohen, trotz austrocknender Flüsse, abzusaufen. Und obwohl wir da alle an einem Strang ziehen sollten, scheinen manche in die andere Richtung zu galoppieren – aber was erzähle ich?
So wird das nun einmal leider nichts mit der Ruhrumleitung ins Bermuda-Dreieck und Bochum als Venedig des Pottes. Auf einen grünen Zweig kommen wir so garantiert nicht mehr. Der Karren steckt tief im Dreck. Wir sägen also an dem Ast, auf dem wir sitzen. Uns am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen, werden wir aber auch nicht schaffen. Dazu ist das finanzielle Fundament, auf das wir aufbauen wollen, viel zu marode. Die übergeordneten Stellen, also die schwarzen Nullen… Verzeihung… die mit den schwarzen Nullen, werden über uns auch kein Füllhorn ausschütten. Wir werden langfristig den Karren also vor die Wand fahren, sehenden Auges übrigens, das muss gesagt und – vor allem – betont werden. Die darunter Leidenden werden vor allem die nachfolgenden Generationen, also unsere Kinder und Kindeskinder und auch die Kindeskindeskinder wenn nicht sogar die Kindeskindeskindeskinder sein. Aber denkt jemand, der kurzsichtig ist, an die langfristige Resilienz geschweige denn Nachhaltigkeit? Fusionsreaktor in Weitmar kannze so nämlich mal voll vergessen. Es mag viele Ideen geben, wie wir unser strukturelles Defizit langfristig abbauen könnten, aber nicht immer ist eine gedachte Idee auch eine gute Idee. Und: Viele Köche verderben nun einmal den Brei. Dabei wird immer noch nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird, aber die anderen kochen auch nur mit Olivenöl.
Im kommenden Haushalt wird zumindest mal versucht etwas Positives, bzw. etwas, das für Positiv gehalten wird, zu tun. Aber das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“ oder auch schlecht gedacht, geplant und durchgeführt, so wie nett die kleine Schwester von was anderem ist. Unsere nicht nur finanziell kaputte Stadt ist also leider kein Wolkenkuckucksheim, wir können unsere gescholtenen BürgX und wenigen Gewerbetreibenden einfach nicht auspressen wie Zitronen. Irgendwann ist der Drops halt gelutscht. Der letzte Bergmensch wusste schon: Aus leeren Flözen kann man keine Kohle zaubern. Wenn ich mir nun den Haushalt so anschaue, stelle ich fest: Die Verwaltung hat Ideen, investiert teilweise in wichtige Projekte. Andere Projekte und Ideen, das muss an dieser Stelle in aller Deutlichkeit ebenfalls betont werden, scheinen überflüssig wie ein Kropf zu sein. Wir hätten auch noch viele tolle Ideen, wo man investieren könnte oder müsste oder sollte, aber wir sind ja nicht bei „Wünsch dir was“, sondern viel mehr bei „So isses – also friss Vogel oder stirb!“ Das Leben ist eben kein Ponyschlecken. Und deswegen wird es eben auch keinen veganen Safaripark in Stahlhausen, Orcas in den Grummer Teichen geschweige denn Alpakas in Hiltrop-Bergen geben. Das muss dem Volk dann aber auch gesagt werden. In aller Deutlichkeit!
So bleibt uns aber eben nur festzustellen, dass wir den Strukturwandel hätten viel eher anpacken sollen und die Chancen beim Schopf schon vorgestern hätten ergreifen müssen. Diese Chance haben wir längst links liegen lassen. Oder, lassen sie es mich so ausdrücken: Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen und dieser Brunnen erweist sich als Fass ohne Boden. Wir sehen also den Wald vor lauter Bäumen nicht. Hätten wir den Strukturwandel nicht weitestgehend verschlafen, dann wäre viel mehr möglich gewesen. Aber wie ein großer Philosoph und Fußballer mal gesagt hat: Wäre, wäre, Fahrradkette! Der Ball ist nun mal rund und ein Spiel hat nur neunzig Minuten. Wir aber befinden uns zeitlich gesehen weit hinter der Nachspielzeit. Tempo ist hier mit Sicherheit kein Taschentuch und das Spiel ist also längst aus.
Was bleibt, ist die Hoffnung. Und diese stirbt bekanntlich zuletzt. Aber sie stirbt. Und deshalb darf ich an Sie alle hier und auch da draußen an den Endgeräten in aller mir nur möglichen Seriosität appellieren:
Werfen Sie die Flinte nicht ins Korn, denn dort liegt schon der Hase im Pfeffer begraben. Dieser Haushalt ist zwar kein großer Wurf, große Sprünge sind ja leider nicht drin, aber zumindest ist er auch nichts, was man wie Sauerbier anpreisen muss. Er ist vielfach zwar alter Wein in neuen Schläuchen, aber doch wenigstens kein alter Hut. Und den Knoten der Pandora bekommen wir nur mit dem Schwert des Sysyphus ordentlich zerknüllt.
Ich möchte hier auch niemanden auf dem Schlips treten geschweige denn jemanden zur Schnecke machen. Alles in allem hat die Verwaltung jede Menge aus eigentlich Nichts herausgeholt, auch wenn sie natürlich nicht aus jedem organischen Molekül Gold zu machen vermag. Anders gesagt: Aus einem Ackergaul kann man nun mal kein Rennpferd machen. Mehr wäre schön, da beißt die Maus keinen Faden ab, aber manchmal ist auch weniger mehr. Das wäre auch hier der bessere, wenn auch kein leichter, nur ein steiniger Weg mit dornigen Chancen, gewesen.
Im Grunde genommen kann man das aber drehen und wenden wie man will. Und auf langfristige Sicht betrachtet muss sich weiter oben was tun, wenn der Markt das nicht regelt. Denn wer die Musik bestellt, der sollte sie auch bezahlen. Da gehen wir ja immerhin langsam zu über, nachdem bei den Verantwortlichen auch angekommen sein sollte, dass man einem nackten Mann nicht in die Tasche fassen kann. Einer nackten Frau im Übrigen auch nicht. Das letzte Hemd haben wir schon lange abgegeben, das hat aber sowieso keine Taschen. Mit dieser Erkenntnis plaudere ich jedoch nicht aus dem Nähkästchen.
Herr Bürger… ähm… meister, Sie hätten bei der Einbringung des Haushaltes so treffend sagen können, wir sollten aufhören, Wasser in den Wein zu gießen. Das verwässert nur das Gesamtergebnis. Im Wein liegt nun mal die Wahrheit. Deshalb lohnt sich ein Blick hinter die Fassade. Und da sieht’s wirklich düster aus. Ich will hier nicht die Pferde scheu machen, aber hätte Opa Pasulke aus Hamme vor 20 Jahren den Haushalt geschmissen, hätten wir jetzt diese Misere nicht. Auch Omma Krawuttke aus Riemke hätte nachsichtiger gehaushaltet. Die beiden hatten aber leider nie die Chance der Stadtregierung vorzuführen, wie man sich mit fast Nichts über Wasser halten kann. Sonst wäre der Groschen bei den Verantwortlichen schon längst gefallen. Jetzt treiben wir – und das ist klar wie Kloßbrühe – auf einem kaputten Floß wacker auf einen gefährlichen Wasserfall zu und nennen unseren finanziellen Ruin euphemistisch: „Chance durch Zukunftsinvestitionen und Innovation“.
Dies aber, liebe Leute, Kinder, LetztwählX, sind nur leere Worthülsen. Ich wiederhole, und das möchte, nein, das muss ich aus tiefster Überzeugung hier an dieser Stelle einmal gesagt haben, wenn ich nicht sogar mein Ehrenwort dafür gebe: Investition und Innovation sind und bleiben WORTHÜLSEN. Mit Worthülsen aber lässt sich kein Blumentopf gewinnen und schon gar kein kommunaler Haushalt planen. Trauen Sie diesem Braten nicht! Der Haushalt wird uns hier angepriesen mit der Phrase: Geht nicht, gibt’s nicht. So haben wir aber nicht gewettet.
Aus diesem Grund enthält sich die sehr gute Partei Die PARTEI und stimmt diesem Haushalt aus Gründen explizit nicht zu. Das kommt gar nicht in die Tüte. Das geht ja mal gar nicht. Das ist alles nur eine Frage der Entscheidung. Wir lassen uns in dieser Frage nicht die Pistole auf die Brust setzen und schon gar nicht auseinanderdividieren. Wir lassen uns auch nicht zum Horst machen. Aber Hallo!
Ach Du dicker Hund. Jetzt muss ich aber mal für kleine Königstiger. Deshalb beende ich meine Rede nun und werde heute nicht mehr alt hier an diesem RednXpult, denn nichts hält für die Ewigkeit, es ist schließlich nicht meine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Was muss, dass muss. Und ich muss jetzt mal. Lassen Sie sich meine Worte eine Lehre sein und tragen Sie diesen Haushalt nicht mit, meine Damen und Herren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich darauf, mit Ihnen allen zusammen zu arbeiten, um unsere Ziele zu erreichen!
Liebe Grüße
Arnim Backs
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