(Spieltag vom 03.03.2022, Lesedauer 8 Minuten)
Für den nach kurzer Krankheit für uns alle schockierend im Alter von 32 Jahren verstorbenen Nils Brandt ist der bis dato als sehr guter Bezirksvertreter der sehr guten Partei Die PARTEI operierende Betriebsunfall nachgerückt. Krebs ist ein Arschloch! Und Krieg auch! Spass macht Politik und Politikdarstellung so nämlich gerade mal nicht. Mit Satire ist momentan nicht allzuviel zu reißen, der ein oder andere Sarkasmus und ein kleines Portiönchen Ironie geht vielleicht gerade noch durch, doch ich weise jetzt schon darauf hin: Der Debütanten-Spielbericht – um die persönliche Faulenquote zu erfüllen wird es auch für jede Ratssitzung jeweils mindestens eine Anfrage und die obligatorische Erlebniserzählung geben – kann Spuren von Ernst und oder Realpolitik enthalten…
Ankunft ist um 14:30h, vor dem Ruhrcongress ist eine bunte Gruppe von Freibad-Radikalinskis versammelt und demonstriert gegen die avisierte Verhinderung von 88-Meter-Sprungturm und 666-Meter-Rutsche oder so; zumindest waren das ja im Kommunalwahlkampf Forderungen der sehr guten Partei Die PARTEI. Der Betriebsunfall wird kurz vom Schatzi indoktriniert und orientiert sich dann im neuen Stadion, in der seine erste Anlaufstation Kapitänin Abratis ist (sozusagen dem Rat sein Schimmi), die ihm ein paar taktische Maßgaben mit auf den Weg gibt und einen Platz ganz Rechtsaußen noch jenseits von ImpfgegnX und AfDeppen zuweist. Zum Glück sind von denen heute nur 3 und nicht 5 da, so dass der Platz links daneben leer bleibt. Papierkügelchen und Pupskissen bieten sich zwar förmlich an, bleiben aber Phantasie. Leise Proteste der Marke „Ich bin doch extreme Mitte“ werden weggewischt, irgendwer muss schließlich da sitzen, basta. Ich hoffe nicht, dass da irgendeine Hufeisentheorie noch mit gedacht wird… Am Platz befinden sich einträchtig eine Lunchbox (vegetarisch), Wasser von Vio in Plastikflaschen (von CocaCola und nicht von unserer sehr guten KreVoVo), zwei Abstimmungskarten (Dagegen und Enthaltung, also hömma, das ist doch schon sehr tendenziös). Mit dieser Fitness-Ausstattung geht es in die Partie, die der große Bochum-Babo Thomas Eiskirch Mayor of Peace pünktlich um 15:00h anpfeift. Im Rats-TV wird die Veranstaltung live übertragen und kann hier im Archiv nochmal komplett gesehen werden; die Quoten(An)frage dazu wird übrigens alsbald gestellt, versprochen.
Erwartungsgemäß ist der Beginn wirklich richtig schwere Kost. Neben dem Gedenken an Nils wird einstimmig die Ukraine-Resolution verabschiedet. Dezernentin Frau Anger hält eine sehr gute Rede dazu, die Solidarität mit resp. Hilfsbereitschaft für die Menschen in der Ukraine und der Partnerstadt Donezk wird auch von fast allen Anwesenden farblich allerdings nicht immer richtig herum signalisiert.
Um 15:35h gibt es dann Blumen. Der Tim von den Freien Wählern hat nämlich Geburtstag und die kurze Amtseinführung für die beiden Debütanten wird ebenfalls mit einem bunten Strauß versehen (Minute 35 im Video). Neben dem Betriebsunfall der sehr guten Partei Die PARTEI ist auch Florian Pankowski von den gRÜNEN ein Neuer, der jetzt öfters kommt. Hörbaren Applaus gibt es für die Mitteilung, dass der Betriebsunfall sich nicht der Fraktion anschließt, sondern sein Amt einzelmandatsträge bekleiden wird. Das ist einerseits sehr gut, andererseits ist diese Art Zustimmung überaus ungewohnt.
Überhaupt ist der Empfang der MannschaftskameradX mega-freundlich, zumindest von etlichen Bekannten, mit denen ein Betriebsunfall reden kann. Davon gibt’s bestimmt noch mehr, z.B. welche deren Sprösslinge Mitglied in der sehr guten Partei Die PARTEI sind oder sein werden, zwinkersmiley.
Nach ca. einer Stunde Spielzeit ist dann auch die Ordnung auf dem Spielfeld einigermaßen hergestellt, sprich die Abstimmungen zu den einzelnen Punkten beginnen. Zunächst geht es in der Rubrik „Beschlussangelegenheiten“ um alle möglichen Wirtschaftspläne, Benennungen für Gremien und auf jeden Fall exzessiv um den Storchenerlebnispark (warum habe ich da eigentlich zunächst „Strolchen“ gelesen?). Um dafür zu sein braucht es keine Karte, da immer nur nach Dagegen und Enthaltung gefragt wird, ja nee, iss klar! Jetzt können indes auch zum ersten Mal die IndividualistX aus den einzelnen Mannschaftsteilen ihre eingeübten Reden schwingen, dass einem Hören und Sehen vergehen. Beim Thema „August-Bebel-Platz autofrei“ (dafür) gibt wirklich fast jedX seinen Senf dazu und es wird gefilibustert bis zum geht nicht mehr. Die ganze Chose zieht sich wie Kaugummi, um 18:00h sind wir gerade Mal bei TOP (TagesOrdnungsPunkt) 1.11 aber zur Fremdwassersatzung (ja zur Fremdwassersatzung, ja zur Fremdwassersatzung!) darf endlich auch mal wieder eine Frau was sagen, Wahnsinn! Die Abstimmungen sind dabei irgendwie eher so voll egal, denn im Zweifel hat die GroKo-Haram aus Rot-Grün ja sowieso die Mehrheit.
Nur bei diversen Gremien-Besetzungen geht es um zu wählende Listen, bei denen die Gesamtanzahl Stimmen darüber entscheidet, welche Leute aus welchen Fraktionen reinrutschen. Hier kann der sehr gute Betriebsunfall der sehr guten Partei Die PARTEI durch seine Stimme immerhin verhindern, dass ein AfDepp zukünftig im „Ausschuss für kommunale Entwicklungszusammenarbeit (KEZ-Ausschuss)“ – einem europäischen Gremium mit Weltgeltung, hat nix zu tun mit KIZ – sitzen wird. Der sachdienliche Hinweis dazu kam netterweise vom Herrn Doktor Bachert, so dass stattdessen jemand von den Stadtgestalten da rein geht, der da dann hoffentlich einen ordentlichen Job macht. Die Rechnung für die Franchisegebühren werden wir dennoch zeitnah stellen, denn bauchfrei für Die PARTEI alimentieren wir nicht so gerne.
Nach 3 ½ Stunden steht dann endlich das von etlichen Fans sehnlichst erwartete Bäderthema zur Debatte und zieht wieder jede Menge Leute an, die sich mal mehr, mal weniger rhetorisch brauchbar aus der Affäre ziehen. Krass was das alles für SelbstdarstellX sind und wieviel Quatsch da so allenthalben erzählt wird (e.g. #freibadklimabilanz, #urbanblue). Mit den Stimmen von Rot-Grün und der Fraktion wird der Bürgerinitiativen-Antrag für LA nach namentlicher Abstimmung abgelehnt, nacheinander werden alle Ratsleute aufgerufen und müssen Farbe bekennen. Kann man mal so machen, dauert aber auch wieder länger, grrr.
Als es dann gegen das Bad in Höntrop geht, gibt’s übrigens keine namentliche Abstimmung, weil dafür wiederum nur die Freien Wähler und die AfDeppen sind und die haben mal gar nix zu melden. Tja, aus die Maus, ihr habt gekämpft, wir ham’s gesehen, bleibt also nur die Ruhrumleitung ins Bermuda3eck, um in den kommenden Höllensommern unserem gentrifizierten Wahlviech Abkühlung zu verschaffen, zwinkersmiley.
Schluss ist aber noch lange nicht, denn nun kommt erst einmal ein ganzer Schwung Anträge, von denen etliche natürlich auch noch mal sehr genau erläutert werden müssen von Leuten, die gefühlt in 0,5 Geschwindigkeit sowohl zum Rednerpult gehen als auch so langsam sprechen. Spannend ist anders, Turbopolitik ist das in keinster Weise und dass die ZuschauX nicht rebellieren bei so viel salbadernder Fabulierkunst ist nur dadurch zu erklären, dass sich das Stadion nach der Schwimmbadentscheidung stark geleert hat.
Immerhin dürfen jetzt hin und wieder auch noch ein paar Damen reden, um 20:45h sind wir bei Punkt 2.14 (!), bei dem der cDU-Antrag für besseren Mobilfunk leider nicht deswegen abgelehnt wird, damit die Kiddies weniger Bildschirmzeit haben. Richtig happy können wir sein, dass der Doktor Steude nicht auch noch Mitteilungen kommentiert und dieser Spielabschnitt schnell vorüber ist.
In der hektischen Schlussphase geben nämlich jetzt alle noch mal alles, werfen sich in jeden Schuss, mündliche Anfragen gibt es nämlich auch noch satte fünf. Die Qualität dabei ist zwar voll okay, aber nur weil die Geschäftsordnung Anträge und Anfragen noch während der Sitzung zulässt, muss das ja nicht bis zum Exzess ausgereizt werden, das kann das Team sicherlich besser. Der nicht-öffentliche Teil ist dann die Nachspielzeit, da es wenig Verletzungsunterbrechungen gab, ist diese recht kurz und gegen 21:30h erfolgt der Abpfiff einer kräftezehrenden Partie, von der sich der sehr gute Betriebsunfall der sehr guten Partei Die PARTEI erst einmal schnell erholen muss, denn am 10.03. (15:00h, Ratssaal) geht es mit dem Spiel in der Bezirksvertretung bereits weiter, wenn hoffentlich wieder eine Runde Turbopolitik mit Babo Gaby angesagt ist.