Spielbericht aus dem Rat der Stadt Bochum

(Spieltag vom 03.04.2025, Lesedauer 6 Minuten)

Meine Fresse, das war ja mal fast so was wie eine offene Feldschlacht wenn nicht gar ein Nürnberger-csU-Parteitag unsere April-Ratssitzung. Zur frühen Stunde um 14:00h geht’s los im RuhrCongress, so um die 79 Ratsleute trudeln ein und machen sich alle noch gemütlich warm, denn der Start verläuft recht gemächlich mit ein paar NörgelbürgX-Fragen zum Thema „Handlungskonzept Wohnen“, die unser Doktor Bradtke lässig abwehrt: Beteiligung gibt’s en masse, alles wird cool und auch wenn dem NörgelbürgX bei der Nachfrage ein wenig Autotune hätte helfen können, scheint hier erst einmal Friede, Freude, Eierkuchen zu herrschen.

Dann geht’s allerdings direkt in die Vollen: Frau Dr. Hubbert möchte als Kämmerererererin wiedergewählt werden, das geschieht warumauchimmer in geheimer Wahl und hält direkt mal den Spielbetrieb auf. Lohnt sich allerdings, mit wirklich überwältigenden 73 Ja-Stimmen (von 79) wird sie auch jenseits von Wahlkuschelgetöse flächendeckend sehr wertgeschätzt und darf weiter den Mangel verwalten.

Dann geht es um die Nachfolge unserer Sozialdezernentin und gerungen wird darum, ob vor oder nach der Kommunalwahl besetzt wird, was natürlich überhaupt nix mit irgendeinem politischem Kalkül geschweige denn Projektion (…weil wir das so machen würden, macht ihr das bestimmt auch..) zu tun haben kann. Fest steht jetzt, dass diese Stelle nicht allzu lange unbesetzt bleiben soll und in Vertretung das Thema einfach mal mit zu machen ist ja noch fataler als der sonstige Fachkräftemangel, dem die Verwaltung ausgesetzt ist.

Tja, Wirtschaftspläne, Wiederbestellungen von GeschäftsführX und Beteiligungsgedönse sind dann so etwas wie das Mittelfeldgeplänkel der Kommunalpolitik und eher was für’s sachkundige Publikum. Symphoniker werden teurer, Kitas dafür günstiger (und mit neuer Beitragsstaffelung, Die PARTEI wirkt 😉), wobei dann allerdings auch bitte eine Resilienzpflicht mit eingebaut werden möge. Da müssen wir uns dann also noch drum kümmern…

Guter Rat in preiswertem RuhrCongress

Kurz vor dem Pausentee geht es dann allerdings richtig zur Sache, die Partie wird jetzt überaus nickelig, denn das Thema „Bezahlkarte“ resp. die Abstimmug darüber, ob Bochum da jetzt mitmacht oder nicht (Opt-In oder Opt-Out) steht an. Die Verwaltung schlägt vor, hier nicht mitzumachen, und trotz noch so erhitzten und geifernden Gemütern folgt die Mehrheit der Ratsmitglieder der Sparkassen-Lösung (sprich keine Bezahlkarte sondern echtes Plastikgeld), denn es ist ja nicht so, als ob in Bochum oder Papua Neuguinea mit Muscheln gezahlt werden kann. Wie dann alle möglichen Christen inklusiver katholischer Sozialleheren-Sozialisation aufeinder losgehen ist fast schon kurz vor Rudelbildung. Da wird heute nicht nur rüde geschimpft, sondern Hündin. Rassismus-Vorwurf-Vorwürfe stehen auf einmal im Raum, persönliche Erklärungen folgen. Über den Reibach, den die ZahlungsanbietX damit zukünftig machen, wird übrigens kein Wort verloren; stattdessen werden schön noch einmal die auswendig gelernten Narrative „Pull-Faktor“ und „Schleuser-Kriminalität“ in den Raum geworfen. Naja, Menschenfeinde gibt’s mit oder auch mit ohne Rassismus…

Puh, Pause, Durchatmen, Gemüter beruhigen, kurz nach 5 geht’s dann weiter und zwar direkt mit dem nächsten Aufreger, denn die dritte Tranche der Nachhaltigkeitsstrategie Bochum will verabschiedet werden und muss von allen Seiten noch einmal auseinandergedröselt werden. Ist dann allerdings kein Problem, alle Punkte gehen durch. Hurra, Bochum wird noch nachhaltiger!

Dann gibt es einen schönen Spielzug im Kontext Friedhofssatzung: Hunde sollen von nun an auch auf den Friedhof, doch nur, wenn sie sich ordentlich benehmen – da ist auf einmal Harmonie die Strategie und alle AkteurX sind sich aber so was von einig. Geht doch!

Doch friedlich ist die ganze Partie deswegen noch lange nicht, denn als nächstes geht es um die Personalkostenzuwendungen für Fraktionen und Gruppen. Denn die sollen nach Wunsch hier dann einer Kenia-Koalition mit neuen Zwischenstufen versehen werden und sich somit vor allem für die größeren Gruppierungen (wieviele Ratsmitglieder zukünftig für 1 Fraktion nötig sind, könnte sich übrigens auch noch mal ändern, vielleicht nämlich bald nicht mehr 3 sondern 4) deutlich erhöhen resp. besser rechnen. Die sehr gute Partei Die PARTEI hat dazu einen Änderungsantrag eingereicht, da das „S“ in Die PARTEI bekanntlich für Selbstbedienungsmentalität steht. Dem hat allerdings nur ein anderes Ratsmitgleid zugestimmt; der Betriebsunfall selbst stimmt natürlich auch redelos dagegen, denn dieser Vorschlag ist schließlich nicht viel ausgewogener als der Originalantrag 😉. Der Hauptantrag geht dann mit den Kenia-Stimmen locker durch, doch dieses Geschmäckle kennen wir ja schon von der Wahlrechtsreform…

Und die AkteurX bleiben aggressiv auch in der nächsten Phase der Partie, als es um das BVZ geht und um die Frage, ob der Abriss noch zu verhindern ist und inwieweit das sinnvoll sein mag. Wir denken, das kommt da alles weg, sicher sind wir uns indes nicht, vielleicht gibt’s in der nächsten Legislatur ja doch noch andere Gutachten.

Reden werden dazu immer noch geschwungen bis zum geht nicht mehr und auch opulent bei den Folgethemen „Grillkontrollen“ (ein Konzept kommt bestimmt noch vor den Sommerferien), dem elften Gymnasium (kommt, nur wohin ist noch nicht klar) und der geforderten Videoüberwachung von Containerstandorten (sooo einfach geht das aber nicht!). So langsam taumeln wir dem Ende entgegen, Mitteilungen und Anfragen werden schnell runtergerasselt. Hier ist natürlich vor allem erwähnenswert die dann durch die Beschlussverlage letztlich obsolet gewordene Anfrage „Was ist denn jetzt mit dieser Opt-Out-Regelung bei der Bezahlkarte?“.

18:48h zeigt der Tacho an, eine sehr schöne Uhrzeit, um unsere beiden altgedienten Verwaltungsrecken Frau Anger und Herrn Lumma zu verabschieden. Alles Gute auch von dieser Seite im wohlverdienten Ruhestand! Und schon befinden wir uns in der Nachspielzeit, die heute ohne Getöse geschweige denn Hinterzimmerdeals schnell um ist. Dann haben wir es geschafft, und weiter geht es erst wieder am 28.05. (14:00h, Ruhr Congress). Derweil genießen wir hoffentlich alle einen schönen Frühling, ohne dass der Russe kommt oder der orange Mann.

 

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