Spielbericht aus dem Rat der Stadt Bochum

(Spieltag vom 30.03.2023, Lesedauer 8 Minuten)

Neues Spiel, neues Glück: Mit Engagement, Elan, Enthusiasmus, Ehrgeiz und Energie tritt das erfolgreiche Ratsteam zur nächsten Partie an und es könnte ein klitzekleines Bisschen der Eindruck entstehen, es gäbe diesmal echte, wenn nicht gar ernstzunehmende KontrahentX. Das aus Funk und Fernsehen bekannte NörglX-Bündnis hatte nämlich mal wieder eine schicke § 24-Eingabe auf den Weg gebracht (Kurzfassung: Moratorium für Bebauungspläne), welche aber von der Verwaltung nicht zugelassen wurde, weil wegen § 9h, denn es hatte ja bis zum geht nicht mehr BürgX-Beteiligung gegeben, das muss dann reichen. Damit war also bereits im Vorfeld für ausreichend Zündstoff gesorgt und der Profilierungsmöglichkeiten so einige geschaffen…

Nach Überprüfung der Netze sprich Klärung der Formalien fangen wir trotz oder wegen des auf 14:00h vorverlegten Anstoßes einigermaßen pünktlich an mit einer „persönlichen“ Erklärung eines Mitglieds, die dann frecherweise gar nicht so richtig persönlich ist (ichsachmah: Stadtgestalt prangert Demokratieverständnis an), bevor die ersten Abstimmungen noch recht reibungslos über die Bühne gehen. Der erste aufregende Moment verpufft dann leider ein wenig zu abrupt, weil die Entscheidung darüber, ob ein von der €dU sehr vehement nominierter Tüp vom Bund der Vertriebenen als Vertrauensperson BeisitzX im Ausschuss für die Wahl von SchöffX, sowie JugendschöffX werden darf, leider nicht durch Auszählung mittels Hare/Niemeyer-Verfahren inklusive knallharter Auszählung fällt, sondern mirnixdirnix vertagt wird. Schade, aber das wird bestimmt schon noch verhindert. Hoffentlich!

Und auch ob Gäste zum Städtetag dürfen, wird dann tatsächlich gar nicht abgestimmt wie angenommen, sondern low key einfach so dekretiert, so dass nächstes Jahr auch der sehr gute Betriebsunfall der sehr guten Partei Die PARTEI vorher seinen Kalender checken wird, um auch mal ordentlich repräsentieren zu dürfen, denn für Bochum reicht’s! Da dieses Jahr übrigens Köln dran ist, lässt sich das locker verkraften.

Sehr guter Rat muss nicht teuer sein

Wir sind mittlerweile bei TOP 1.10 angekommen, da geht es tatsächlich um einen sogenannten Flächennutzungsplan, nämlich um die Regelung der Bebauung eines Grundstückes in Hiltrop. Der Naturschutzbeirat ist da nicht so für, will meinen einstimmig dagegen. Genau um so einen Fall wäre es bei der o.a. Eingabe gegangen. Unser Quoten-Linksaußen hält zwar noch ohne auch nur eine Sekunde selbst darüber nachzudenken die dafür vorbereitete Rede. Die Abstimmung endet dann allerdings tragisch erwartungsgemäß und wie schon zuletzt in Berlin haben wir mit Klimaschutz mal lieber nicht so viel am Helm. Es geht doch nix über weitere schön versiegelte Flächen. Sehr schlimm!

Bei der dann anstehenden alljährlichen Fachfrage, ob der Papi (oder wahrscheinlich ja eher die Mami) am Sonntag dem ArbeitgebX gehören sollen (vulgo Genehmigung verkausoffener Sonntage), gibt es querbeet immerhin bis zu 8 Neinstimmen und 4 Enthaltungen, also darf auch 2023 geplackert und gerackert werden, auf das der Hryvnia ordentlich rollen möge.

Kurz vor den heute läppischen 17 Anträgen geht’s dann noch mal voll zur Sache, bzw. um krasse Sachen, konkret nämlich um die sehr umfangreichen Bedarfspläne zu Brandschutz (tldr) und Rettungsdienst (diesmal zumindest diagonal gelesen), bevor wir auch die Nordkurvenflügelsanierung unseres Rathauses schnell noch absegnen und dafür sorgen, dass das Schulzentrum Bochum-Nord zukünftig Schulzentrum Bochum-Nord heißen wird. Mega!

Und dann sind wir also endlich mitten drin in der Partie statt nur dabei, unsere rhetorischen Talente dürfen endlich zeigen, was sie die ganze Woche vor dem Spiegel schon unter Blut und Tränen einstudiert hatten. Das Mikrofon wird nun bis zum Äußersten strapaziert, die Lautstärke an sich steht indes nicht im Kausalzusammenhang zum Abstimmungsergebnis und so wollen zwar alle irgendwas mit mehr Kindern in Ausschüssen, aber die Kosten für das Haus des Wissens werden schon ordentlich controlled, Spielstraßen auf Zeit sind nix für die Ewigkeit und das mit der katasterbezogenen Thermografiebefliegung wird irgendwann erfolreich von wem anderes beantragt oder so.

Jetzt zeigen sich auch erste Verschleisserscheinungen, die Pause kommt zur rechten Zeit, einmal kurz durchgeatmet, erfrischt und mit aufgeladenem Akku geht es in den zweiten Spielabschnitt, der es noch einmal in sich hat. So geht es jetzt direkt mal um einen sehr großen Weihnachtsbaum, der dieses Jahr vor dem Rathaus mit fetter Beleuchtung aufgestellt werden soll, dessen benötigte Energie wiederum mit Muskelkraft erzeugt werden könne, weil das ja schließlich das Gemeinschaftsgefühl stärke. Ja nee, iss klar.

Das mit der Muskelkraft lässt der sehr gute Betriebsunfall der sehr guten Partei Die PARTEI sich ja durchaus noch gefallen, zumal die von der AfD (oder wie die sich heute gerade mal nennen) massiv dagegen wettern. Aber die Förderung von Waldfabriken inklusive der gesamten Firlefanzsymbolik inklusive Konsumterror steht jetzt nicht gerade auf der politischen Agenda, irgendwo hat Satire bitte auch mal seine Grenze. Kein zwinkersmiley!

Hektisch wird es dann auch bei den weiteren Themen „Neue Trassenfindung für den RS 1“ (wird weiterhin irgendwie kreuz und quer durch die City gehen müssen, doof, weil die Bahn ihre Grundstücke partout nicht abgibt), „Gemeindeschwestern für die Bochumer Bezirke“ (nicht so wie vor 100 Jahren, aber Gemeinwohl ist jetzt gerade nicht so im Blick) und „Applaus im Rahmen von Bürgeranträgen“ (schön, wie die eigene Kumpanei bei der Gegenrede klopft, kannste Dir nicht ausdenken). Leichte Sprache finden indes übrigens doch alle irgendwie knuffig, das geht aber dann mal lieber in den passenden Ausschuss.

Wir neigen uns so langsam dem Ende der Paarung entgegen, einige Anfragen werden mündlich übermittelt, dann wird einmal kurz noch über die Mitteilungen der Verwaltung geflogen, ein klares nicht ganz unerwartetes „Nein“ setzt es hier für die Anfrage „Klebetaste“ für Parkscheinautomaten des sehr guten Betriebsunfalls der sehr guten Partei Die PARTEI. Naja, dann fordern wir eben beim nächsten Mal direkt Nagelbetten, um KlimaklebX in Bochum effektiv zu verhindern, liebe Grüße nach Kölle!

Auch die Anfragen haben wir heute schnell durchgepflügt, auf die Antworten zum Mittagsschlaf für VerwaltungsangestelltX freuen wir uns natürlich genauso wie vor allem auf die zur Turbopolitik für Bebauungsplanverfahren in Bochum, dann ist aber endlich auch so was von Feierabend. Nach kurzer schmerzloser Nachspielzeit wird die Partie um 18:18h abgepfiffen und der sehr gute Rat verabschiedet sich erfolgreich in die Osterpause, bevor es erst wieder im Mai zum nächsten Aufeinandertreffen kommt (04.05., 15:00h, Ratssaal).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert